Hufgesundheit als Zuchtziel

So mancher Pferdebesitzer muss sich immer wieder die gleichen Sprüche anhören. „Der hat schwierige Hufe, das ist normal für diese Pferderasse.“ Es gibt einige Pferderassen, bei denen eine schlechte Hufqualität als typisch gilt. Englische Vollblüter beispielsweise sollen zu brüchigen Hufen und untergeschobenen Trachten neigen. Strahlfäule sei bei Friesen, Tinker und Shetlandponys nicht verwunderlich. Und auch Araber, Iberer und Isländer gelten als Rassen mit schlechter Hufqualität.

Sind schlechte Hufe denn in der Zucht inkludiert? Sind das nur Vorurteile oder ist da etwas dran? Werfen wir erstmal einen Blick in die Zuchtziele.

Wie ist die Hufgesundheit in den Zuchtzielen verankert?

Tatsächlich sind die Hufe bei fast jeder Rasse in den Zuchtzielen berücksichtigt. Beim Friesen sollen die Hufe „[…]von guter Qualität, gleichmäßig und passend zum Pferd“ sein, wobei die Vorderhufe weiter sind als die Hinterhufe. Die Zuchtziele des Lusitano schreiben vor, dass die Hufe von guter Qualität, wohl geformt und proportioniert, an den Ballen nicht sehr breit sein sollen und der Kronrand wenig hervortritt. Beim P.R.E. werden ein korrektes Auffussen, nicht zu lange, elastische Fesseln und kompakte, gleichmäßig geformte Hufe gewünscht.

In vielen Rassebeschreibungen werden auch explizit unerwünschte Fehler ausgewiesen, wie etwa beim Tinker: „Nicht erwünscht: […] kleine Hufe, Trachtenformationen, ebenso alle Stellungsfehler wie zehenweit, und – eng, bodenweit und -eng, rück- und vorbiegig, Säbelbeinigkeit, kuhessige oder fassbeinige Stellung, Bärentatzigkeit, Vor- oder Unterständigkeit.“

Bei Araber, Shagya und Anglo-Araber sollen die Hufe zum Pferd passen und keinesfalls zu eng, spitz, stumpf, weit und mit flachen Trachten sein. In der Zuchtbeschreibung für den Vollblut Araber wird explizit ein Fundament gewünscht, das eine lange Gebrauchsfähigkeit verspricht. Auch das Shetlandpony soll gute Hufe haben. „Tough, round and well shaped”, heißt es im Rassestandard des britischen Ursprungszuchtbuches.

Ein Sonderfall ist das englische Vollblut. Hier gibt es keinen Rassestandard für das Exterieur. Die Zuchttiere werden nur nach Rennleistung und Pedigree ausgewählt. Durch die Zucht auf eine bestimmte Leistung, entsteht aber immer ein bestimmter Typ Pferd. Die typische lange, schräge Fessel mit den flach gewinkelten Hufen ist biomechanisch für das schnelle Galoppieren günstig und hat sich deshalb bei dieser Rasse durchgesetzt.

Liegt es denn nun an der Rasse?

Grundsätzlich wird also in jeder Zucht auf die Hufe geachtet. Aber kann man denn überhaupt auf gesunde Hufe züchten? Studien zeigen, dass die Heritabilitäten, also die Erblichkeiten, für viele Gesundheitsmerkmale gering sind. Dies gilt auch für die Hufgesundheit. Was genau bedeutet das? Dies weist darauf hin, dass die Hufqualität nur in geringem Maße weitervererbt wird. Die Gesundheit der Hufe wird stattdessen maßgeblich durch die Umwelt, also Haltung, Fütterung und Pflege bestimmt.

Unterschiede zwischen Rassen können aber trotzdem bestehen, und zwar aufgrund der unterschiedlichen Anatomie. Iberische Pferde etwa haben eine sehr steile Schulter und dadurch bedingt steilere Hufe. Englische Vollblüter haben lange Fesseln und einen flacheren Hufwinkel, was sie schneller laufen lässt, dadurch sind aber die Trachten niedriger. Eine korrekte Hufbearbeitung geht auf die individuellen Unterschiede ein und bringt den Huf in die für das Pferd passende Hufform.

Die Abstammung ist also nicht ausschlaggebend für die Hufgesundheit. Bei richtiger Fütterung, Haltung und Pflege kann jede Rasse gesunde Hufe haben!

Friese: https://www.fpzv-ev.de/index.php/das-friesenpferd/merkmale/

Araber: https://www.vzap.org/wp-content/uploads/Zuchtprogramm_Araber.pdf

https://www.vzap.org/wp-content/uploads/Zuchtprogramm_Arabisches-Vollblut.pdf

Andalusier: https://andalusierverein.de/index.php?link=standard.html

Lusitano: http://www.cavalo-lusitano.com/en/stud-books-lusitano-horse/lusitano-horse-breed

Shetlandpony: http://www.shetlandponystudbooksociety.co.uk/about-the-breed/breed-standard

Lauper, M., Gerber, V., Ramseyer, A., Burger, D., Lüth, A., Koch, C. and Dolf, G. (2017), Heritabilities of health traits in Swiss Warmblood horses. Equine Vet J, 49: 15-18. doi:10.1111/evj.12537